Okay, ich gebe es zu, der Betreff ist etwas Clickbait 😇 Aber eigentlich ist es eben wirklich ganz simpel:
Ich werde oft von Führungskräften gefragt, was sie machen können, um die Mitarbeitenden zu motivieren.
Sie erwarten dann überraschende und einzigartige Tipps. Best Practices von anderen Organisationen. Am liebsten in Form von Rezepten und Checklisten, die sie dann exakt befolgen können.
Ich verstehe diesen Wunsch nach einer Wunderwaffe. Denn um die Motivation der Mitarbeitenden ist es tatsächlich nicht gut bestellt. Die European Workforce Study von Great Place To Work zeigt, dass europaweit nur gerade 59% ihren Arbeitgeber als grossartigen Arbeitsplatz bezeichnen. In der Schweiz sind es zwar 67%. Aber auch damit sind wir weit weg von einer hohen Zufriedenheit, welche zweifellos als Grundlage für Motivation und Engagement vorhanden sein muss.
Insofern ist es löblich, dass die Führungskräfte irgendwelche Initiativen starten wollen, um den Mitarbeitenden einen Motivationsboost zu verabreichen. Die Erkenntnis, dass extrinische Motivation in Form von finanziellen Anreizen höchstens kurzfristig funktioniert und langfristig sogar kontraproduktiv wirkt, setzt sich zum Glück je länger je mehr durch.
Los, Patrick, komm auf den Punkt, höre ich dich sagen: Was also sollen Führungskräfte nun tun?
Meine simple Antwort: Hört auf, die Mitarbeitenden zu demotivieren 🙈
Ich bin der festen Überzeugung, dass Mitarbeitende grundsätzlich alle intrinsisch motiviert und engagiert sind. Viele Organisationen und ihre Führungskräfte sind nur wahnsinnig gut darin, sie zu demotivieren. Entsprechend suchen sie dann verzweifelt Mittel und Möglichkeiten, die Motivation wiederherzustellen.
Wenn ich mit Mitarbeitenden über ihre Zufriedenheit und Motivation sprechen, beklagt sich kaum je jemand über fehlende Anreize und Initiativen. Vielmehr klagen sie darüber, was sie daran hindert, motiviert ihre bestmögliche Leistung zu erbringen:
Mangelnde Glaubwürdigkeit, Respekt und Fairness
Die bereits erwähnte Studie kommt zum Schluss, dass insbesondere Führungsqualitäten wie Glaubwürdigkeit, Respekt und Fairness einen grossen Einfluss auf das Engagement der Mitarbeitenden, die Fluktutation und letztendlich auch die Produktivität und die Profitabilität haben.
Wenn Führungskräfte z.B. ihren Worten nicht Taten folgen lassen (Glaubwürdigkeit), Mitarbeitende nicht in Entscheide einbeziehen (Respekt) und das Vergütungssystem nicht nachvollziehbar ist (Fairness), wirkt das demotivierend.
Fehlende Flexibilität
Arbeitgeber verlangen von ihren Mitarbeitenden zwar Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, selber sind sie aber oftmals sehr stur. Manager sehen als ihre Aufgabe, Dinge zu managen, d.h. zu regeln. Denn nur was für alle gleich ist auch fair, oder?
Falsch. Jede:r Mitarbeiter:in ist ein Individuum mit spezifischen Anforderungen. One size never fits all. Nichts wirkt demotivierender als ein Reglement, das zwar für alle gilt, aber für niemanden passt. Und ich meine damit nicht nur räumliche und zeitliche Flexibilität. Sondern auch Flexibilität bezüglich Pensumsänderungen, Anpassung der Rolle und vieles mehr.
Flexibilität ist eine der wichtigsten Anforderungen von Mitarbeitenden. Wer als Arbeitgeber mit Flexibilität auftrumpfen kann, erhält im Gegenzug langfristige Loyalität und Commitment.
Komplexe Strukturen und Prozesse
Unsere Welt verändert sich rasant und alle Organisationen wollen möglichst agil sein, um sich rasch anpassen zu können. Gleichzeitig werden die Strukturen immer komplexer. Statt zu vereinfachen und zu verschlanken, baut man lieber noch eine Matrix ein und kreiert ein weiteres Steuerungsgremium.
Konstruktive Vorschläge von der Front versanden so irgendwo in der Bürokratie. Es gibt zwar eine Inflation an Leuten mit wohlklingenden Titeln, aber entscheiden will oder darf niemand. Unmengen von Stunden werden darauf verbracht, Informationen zu sammeln, zu aggregieren und im Organigramm nach oben zu transportieren.
Stattdessen sollten wir Entscheidungskompetenz nach unten delegieren. Dorthin wo die Kompetenz und Erfahrung ist. Autonomie ist ein zentraler Treiber für Motivation. Wer keinen Einfluss auf sein eigenes Tätigkeitsgebiet hat, verliert rasch jegliche Motivation.
Veraltete Tools und Ausrüstung
Viele Mitarbeitende haben privat den besseren Laptop, neuere Programme - und auch noch besseren Kaffee. Ich spreche zwar gerne über Arbeitsplatzkultur, aber die Motivation kann man auch prima mit minderwertiger oder gar fehlenden Hard- und Software zunichte machen. Wenn Daten manuell in zig verschiedene Tools eingegeben werden muss, ist dies nicht gerade motivationssteigernd.
Auch die Büros an sich gleichen oft mehr miefigen Amtsstuben als freundlichen Orten, wo Mitarbeitende gerne (und vielleicht sogar freiwillig) hinkommen. Ich spreche hier nicht von Töggelikasten und Sitzsäcken, sondern ergonomischer Einrichtung, gutem Licht und Pflanzen.
💭 Reader, hier ein Gedanke für dich: Geh einen typischen Arbeitstag durch. Was sind Elemente, die eure Mitarbeitenden vielleicht daran hindern, einen guten Job zu machen? Picke ein demotivierendes Element und eliminiere es in der nächsten Woche.