Auf was hätte ich verzichten können?
Return to Office Diskussion
Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass wir 4 Jahre nach der Corona-Pandemie nochmals so intensiv, grundsätzlich und kontrovers über Home Office und Remote Work diskutieren müssen. Aber ein paar wenige, aber prominente Unternehmen haben die Mitarbeitenden fix ins Büro zurückgeholt oder mindestens die Möglichkeit für Home Office stark eingeschränkt.
Natürlich geschieht der Austausch rascher, wenn wir physisch am gleichen Ort sind. Selbstverständlich entwickelt sich Kultur einfacher, wenn wir voneinander nicht nur den Kopf durch die Webcam sehen. Aber dafür müssen wir nicht 5 Tage pro Woche im Büro sein.
Für mich zeugt diese Diskussion primär vom fehlenden Vertrauen in die Mitarbeitenden. Offenbar haben einige CEOs Home Office nie wirklich aus Überzeugung gewährt, sondern weil es Mainstream war. Nun trennt sich die Spreu vom Weizen und ich bin überzeugt, dass der (Arbeits-)Markt es richten wird.
Teilzeit-Bashing
Dieses Jahr habe ich eine latente Vorwurfshaltung gegenüber Mitarbeitenden festgestellt, die Teilzeit arbeiten. Fehlendes Commitment, Egoismus und Optimierung der Work-Life-Balance sind nur einige der Vorwürfe, die immer wieder aufkamen. Tatsache ist, dass die allermeisten Menschen nicht aus diesen Gründen Teilzeit arbeiten, sondern weil sie anderweitige Verpflichtungen haben und Care-Arbeit leisten.
Unser Ziel muss es sein, dass die Erwerbsquote so hoch wie möglich ist, dass also so viele Menschen wie möglich Erwerbsarbeit leisten. Das gelingt aber nur mit mehr Teilzeitstellen und auch entsprechender Wertschätzung. Pro-Tipp: Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Teilzeit-Mitarbeitende produktiver sind.
Forderung nach «Lust auf Arbeit»
In die gleiche Kategorie geht die Forderung, vornehmlich der Politik, dass wir alle wieder mehr Lust auf Arbeit haben müssen. Gemeint ist damit, dass die Mitarbeitenden härter und länger arbeiten sollen. Nur lässt sich Motivation und Engagement nicht verordnen, sondern sie sind das Resultat einer guten Arbeitsplatzkultur.
Statt Forderungen rauszuposaunen, sollten sich Führungskräfte also überlegen, was sie getan oder unterlassen haben, dass ihre Mitarbeitenden keine Lust auf Arbeit haben. Und dann mit ihren Handlungen eine Kultur und Rahmenbedingungen schaffen, damit die Mitarbeitenden ihre bestmögliche Leistung zugunsten der Organisation erbringen zu können.
Kontroverse um GenZ und Generationenunterschiede
Eigentlich wissen wir alle, dass die Unterschiede innerhalb einer Generation grösser sind als die Unterscheide zwischen Generationen. «Die Jungen» wollten sich schon immer abgrenzen und hatten andere Vorstellungen von der (Arbeits-)Welt als die Älteren. Da ist die GenZ nicht anders als andere Generationen vor ihr und andere Generationen nach ihr.
Leider wurde dieses Thema auch 2024 wieder emotional bewirtschaftet, ohne dass es irgendeinen Mehrwert gebracht hätte. Wer ernsthaft das Gefühl hat, dass jede:r GenZ-Mitarbeiter:in genau gleich ist, die gleichen Bedürfnisse hat und gleich geführt werden soll, hat einiges nicht begriffen.
Was ist 2024 nicht eingetreten?
KI killt Jobs
Die Prophezeiungen waren düster, die Angst gross. Beliebige Schätzungen wurden in den Raum gestellt, wie viele Prozent der Jobs durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden. Fast keine Berufsgattung schien sicher zu sein.
Ende 2024 lässt sich feststellen: KI verändert Jobs und ersetzt teilweise ganze Aufgaben. KI wird ein alltäglicher Begleiter und Unterstützer von immer mehr Arbeitnehmenden. Bislang sind aber kaum ganze Jobs weggefallen, geschweige denn ganze Berufsgattungen.
Siegeszug der 4-Tage Woche
Auch wenn nun auch in Deutschland eine Studie mit vielversprechenden Resultaten aufwartet und die Diskussionen über die 4-Tage Woche in der breiten Bevölkerung angekommen ist, so handelt es sich doch immer noch um ein Nischenphänomen. Zu gross sind die Vorbehalte, zu viele Fragen stellen sich für die Umsetzung.
Auch ich persönlich stehe dem Konzept eher skeptisch gegenüber und denke nicht, dass die 4-Tage Woche in naher Zukunft eine kritische Masse an Organisationen erreichen wird. Erfolgreiche Ausnahmen werden wie immer die Regel bestätigen.
Welcher Trend ist 2024 verschwunden?
Workations
In den Folgejahren der Pandemie sprach plötzlich alles von Workations. Viele sahen sich schon an exotischen Destinationen, morgens beim Surfen, nachmittags am Arbeiten. Etabliert hat sich diese Arbeitsform bei Weitem nicht. Zu gross sind die rechtlichen und steuerlichen Hürden ebenso wie die Vorbehalte der Führungskräfte. Wer es selber ausprobiert hat, kam meist ernüchtert zurück: Denn es war weder erholsamer Urlaub noch produktives Arbeiten. Entsprechend nahmen auch die Suchanfragen bei Google ab. 2025 werden wir wieder arbeiten oder Urlaub machen, aber nicht beides vermischen.
Von was hätte ich gerne mehr gehabt?
Lohnangaben in Stellenanzeigen
Ich bin ein grosser Verfechter von Lohntransparenz und bin überzeugt von den Vorteilen (trotz allen Herausforderungen). In allen meinen Vorträgen prophezeie ich, dass die Angabe des Lohnbandes in Stellenanzeigen der Standard werde. Es gibt wirklich keinen Grund, den potentiellen Bewerber:innen diese essentielle Information vorzuenthalten.
Ich stelle fest, dass sich das Thema etabliert hat und nicht mehr als exotische Idee abgetan wird. Dennoch haben 2024 noch zu wenige Organisationen den Schritt gewagt, in ihren Stellenanzeigen das Lohnband zu publizieren. Umso mehr gebe ich hiermit den Vorreiter:innen nochmals eine Plattform!